Ellen Demuth kritisiert: Rheinland-pfälzische Kitas laufen am Limit!
Ellen Demuth: „Die Zahl von über 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, darunter viele Leitungen von Kindertagesstätten, engagierte Eltern, Vertreter von Trägern und aus dem Bereich Tages-mutter, zeigte eindringlich, wie prekär die Lage ist. Zu Beginn der Diskussionsrunde schilderten Claudia Theobald, Vorsitzende des Kita-Fachkräfteverbandes Rheinland-Pfalz, und der Neuwieder Landrat Achim Hallerbach jeweils aus ihrem Blickwinkel die Situation.“
Claudia Theobald führte aus: „Begonnen hat die Problematik schon 2013, als der Bund einen Rechtsanspruch auf Kita-Betreuung für alle Kinder ab einem Jahr verabschiedete, ohne jedoch ein ausreichendes finanzielles Engagement mit festzuschreiben. Dann trat im Land Rheinland-Pfalz zum 1. Juli 2021 das neue Kita-Gesetz vollständig in Kraft. Daran kritisieren wir beispielsweise, dass die Personalisierung auf Kante genäht ist, der neue Personal-schlüssel liegt weitab der Empfehlungen der Fachleute, Verantwortung und Kosten für mehr Personal werden an die Träger verlagert. Diese sind damit finanziell überfordert. Das Land betont den Wert von Inklusion, sorgt jedoch im neuen Gesetz nicht für die entsprechenden Möglichkeiten, therapeutische Kräfte nach Bedarf einstellen zu können. Lange, aufwendige und allzu oft nicht erfolgreiche Genehmigungsanträge sind leider der Standard.“
Landrat Achim Hallerbach wies darauf hin, dass der Kreis Neuwied in den letzten 10 Jahren große Anstrengungen bei der Erweiterung der Aufnahmekapazitäten unternommen hat. Die beachtliche Zahl von zusätzlichen 1400 Plätzen kommt aber dem Bedarf nicht hinterher. Die Kommunen und Träger sind damit überfordert, den größten Teil der Kosten bei Erwei-terungen von Kitas selbst stemmen zu müssen. Der Landkreis Neuwied fördert Auszu-bildende, Studierende, FSJLer und BuFDIs finanziell, damit mehr personelle Unterstützung in Kitas möglich ist. Hallerbach betonte: „Es ist nicht so einfach möglich, Ersatzkräfte beispielsweise aus der Eltern- oder Großelternschaft zu akquirieren. Denn dem steht die Sicherstellung der gesetzlichen Aufsichtspflicht, die Kontinuität der Bezugspersonen und nicht zuletzt auch die Qualität des Erziehungsauftrags entgegen.“
Ellen Demuth nahm folgende Problematik auf: „Die Personalbemessung im neuen Kita-Gesetz sieht eine Aufteilung in Kinder von null bis zwei Jahren und zwei bis sechs Jahren vor. Dies zeigt sehr deutlich, wie weit weg von der Realität das Land ist. Zweijährige brauchen eine andere Betreuung als sechsjährige Kinder. Die siebenstündige Kernzeit bringt weitere Probleme, denn alle Kinder sind durchgehend da. Gruppen oder Personal aufzuteilen oder zusammenschieben, ist kaum noch möglich. So bleibt uns oft nichts anderes übrig, als Betreuungszeiten zu kürzen, um die Aufsichtspflicht und das Kindeswohl zu gewährleisten.
Dies alles zehrt am Nervenkostüm des Personals, denn diese sind mit dem Anspruch angetreten, Kindern eine qualitativ hochwertige Kindergartenzeit zu bereiten.“
Zu einhundert Prozent stimmte die Diskussionsrunde am Ende Ellen Demuth, Claudia Theobald und Achim Hallerbach zu: „Das Land steht in der Verantwortung, zügig gegenzusteuern. Nötig ist eine schnelle Evaluierung des Gesetzes. Kitas brauchen mehr Personal und einen besserer Personalschlüssel, damit sie wieder zu Bildungseinrichtungen werden, und nicht zu Verwahranstalten verkommen. Die Bildungsbiografie unserer Kinder beginnt in der Kita. Was hier versäumt wird, ist in der Schule nur schwer aufzuholen. Deshalb muss Bildungsministerin Hubig die Situation in den rheinland-pfälzischen Kitas zur Chef-Sache machen“.